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Erneut Luftbrücke in Zermatt VS – auch Andermatt UR abgeschnitten

Zermatt war am Sonntag nur mit einem Helikopter erreichbar. Für die Flüge bildete sich eine lange Warteschlange. Keystone/EPA KEYSTONE/PHILIPPE MOOSER sda-ats

(Keystone-SDA) Eine verbreitet sehr grosse Lawinengefahr hat an diesem Wochenende beinahe im ganzen Alpenraum für Probleme beim Schienen- und Strassenverkehr gesorgt. Neben Zermatt VS ist seit dem späten Sonntagabend nun auch Andermatt UR von der Umwelt abgeschnitten.

Die Strasse von Göschenen UR bis nach Hospental UR wurde nach Angaben des Verkehrsinformationsdienstes Viasuisse ab Sonntag um 22.00 Uhr wegen Lawinengefahr gesperrt. Andermatt sei somit weder per Auto noch per Bahn erreichbar, sagte eine Mitarbeiterin der Urner Kantonspolizei auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Eine Neubeurteilung der Lage soll am Dienstag um 8.00 Uhr erfolgen.

Laut SRF Meteo kommen bis Dienstagmorgen im Alpenraum noch einmal grosse Neuschneemengen zusammen. Am Alpennordhang und im Wallis seien 50 bis 80 Zentimeter zu erwarten. Nun gelte in einem grossen Gebiet vom Wallis über die Zentralalpen bis nach Graubünden die höchste Lawinenwarnstufe, teilte das Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF am Sonntag mit. Die Lawinengefahr sei “sehr gross”.

Gebietsweise seien schon bis zu drei Metern Schnee gefallen. Im südlichen Wallis, in Nordbünden um im nördlichen Unterengadin seien die Schneehöhen stark überdurchschnittlich. Teilweise würden die Extremwerte des Lawinenwinters 1999 erreicht, hiess es weiter.

Hochwassergefahr im Norden

Im Westen könne die Schneefallgrenze am Montagmorgen auf 2200 Meter ansteigen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Hochwassersituation im Flachland. Dort sorgte der Regen der vergangenen Tage schon für steigende Pegelstände. Die Schweizerischen Rheinhäfen teilten am Sonntag mit, dass in Basel-Rheinhalle bereits die Hochwassermarke I überschritten worden sei. In Luzern wurde am Wochenende eine Warnung vor Starkregen ausgegeben.

Von einem Wassereinbruch überrascht wurden acht Männer auf ihrer zweitägigen Biwak-Expedition im Hölloch im Muotathal im Kanton Schwyz. Sie sind seit Sonntagmorgen in der Höhle eingeschlossen. Die Männer sind unverletzt. Nach Polizeiangaben lässt sich derzeit nicht abschätzen, bis wann die Eingeschlossenen das Hölloch wieder verlassen können,

Zermatt wieder isoliert

Wieder von der Aussenwelt abgeschnitten ist auch Zermatt. Das Dorf ist seit Samstagabend auf Strasse und Schiene nicht mehr erreichbar. Zurzeit befinden sich rund 9000 Feriengäste im Wintersportort. Sie und die Einheimischen seien im Dorf nicht in Gefahr. Zermatt sei auf solche Fälle vorbereitet und verfüge über genügend Vorräte.

Einziger Ausweg war am Sonntag erneut eine Helikopter-Luftbrücke zwischen Täsch und Zermatt. Sie wurde rege genutzt. Davon zeugten Bilder von langen Warteschlagen und der Umstand, dass die verfügbaren Flugtickets bereits um 13.30 Uhr ausverkauft waren.

Weil zwischen Täsch und Zermatt noch bis mindestens Montagabend (Betriebsschluss) keine Züge fahren und die Strasse vorderhand gesperrt ist, dürfte auch am Montag die Luftbrücke die einzige Verbindung zum Dorf sein. Ob die Flüge durchgeführt werden, soll am Montagmorgen um frühestens 8 Uhr entschieden werden.

Damit wiederholt sich in Zermatt die Situation von vor rund zehn Tagen: Schon damals war Zermatt wegen Lawinengefahr mit Zug und Auto nicht mehr erreichbar. Zwei Tage harrten gegen 13’000 Touristen im Ort aus – oder warteten auf die Helikopter für den Flug ins Tal.

Wallis schwierig zu erreichen

Im Wallis gab es am Sonntag auch Evakuierungen: Betroffen waren Teile von La Fouly, Zinal im Val d’Anniviers und St. Niklaus im Mattertal. In Gefahrenzonen mussten die Menschen ihre Wohnungen verlassen, wie die Behörden mitteilten. Oberhalb von Conthey hatten schon am Samstag Bewohner ihre Maiensässe verlassen müssen.

Die Fahrt in die Berge brauchte am Sonntag wegen des vielen Schnees und der Lawinengefahr Geduld und auch die Bereitschaft, Umwege auf sich zu nehmen. Mehrere Bahnstrecken in Wintersportorte waren unterbrochen, und nicht überall konnten Ersatzbusse fahren, denn auch etliche Strassenabschnitte waren gesperrt.

Das Wallis war am Sonntag auf dem Strassenweg nur noch über die Autobahn von Westen erreichbar: Sowohl der Autoverlad von Kandersteg BE nach Goppenstein VS wie auch der Autoverlad Furka mussten den Betrieb einstellen. Auch der Simplon-Pass in Richtung Italien musste wegen Lawinengefahr gesperrt werden.

Nicht viel besser sah es weiter östlich aus. Die Strecke über den Oberalppass bleibt voraussichtlich bis am Dienstag (Betriebsschluss) geschlossen. Dies gilt auch für den Autoverlad Oberalp zwischen Sedrun und Andermatt. Gesperrt ist auch die Strecke zwischen Andermatt und Göschenen.

Die Rhätische Bahn (RhB) meldete am Sonntagmorgen mehrere Unterbrechungen auf wichtigen Strecken: Der Bahnverkehr auf der Arosalinie wurde wegen Lawinengefahr eingestellt. Von Chur nach Arosa fuhren Bahnersatzbusse. Auch nach Davos und ins Unterengadin kamen Reisende nur mit Schwierigkeiten.

Schwierige Bedingungen bei Zernez

In Davos mussten nach Angaben der Gemeinde auch einige Bewohner der Seitentäler evakuiert werden: Zwei Dutzend Personen seien von der Feuerwehr am Sonntag benachrichtigt worden, ihre Häuser zu verlassen, sagte ein Gemeindesprecher auf Anfrage. Die Behausungen seien allesamt in einer Gefahrenzone kartiert.

Besonders schwierig waren die Verhältnisse im Unterengadin rund um Zernez. Unterbrochen waren die Bahnstrecke zwischen Cinuos-chel-Brail und Scuol, und laut TCS-Verkehrsinformation ist es wegen Schneefalls auch die Hauptstrasse vom Oberengadin her nach Zernez ab Brail. Auch die Zufahrt von Österreich her ins Unterengadin war geschlossen.

Von der Umwelt abgeschnitten war zudem Samnaun GR. Die Postautos in den Unterengadiner Wintersportort sollten laut Bahnverkehrsinformation voraussichtlich erst am Montagmorgen wieder fahren, die Zufahrtsstrassen waren unterbrochen.

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